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Interview mit BMW Motorsport Designer Michael Scully zum neuen BMW M8 GTE: „Das ursprünglichste und entschlossenste Rennfahrzeug, das wir je gebaut haben.“
Mon Mar 19 13:57:25 CET 2018 Pressemeldung
Bei seiner Präsentation im vergangenen Jahr wurde der BMW M8 GTE für sein innovatives Design gefeiert, das zum einen an die Historie der BMW Renn- und Serienfahrzeuge anknüpft, gleichzeitig aber auch ein klares Bekenntnis zur Modernität ist. Im Interview erklärt Michael Scully, Head of Design BMW Motorsport und Kopf hinter der Ästhetik des neuen Le-Mans-Herausforderers, wie das Design des BMW M8 GTE entstanden ist.
Pressekontakt.
Ingo Lehbrink
BMW Group
Tel: +49-89-382-76003
Fax: +49-89-382-28567
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München. Bei seiner Präsentation im vergangenen Jahr wurde der
BMW M8 GTE für sein innovatives Design gefeiert, das zum einen an
die Historie der BMW Renn- und Serienfahrzeuge anknüpft,
gleichzeitig aber auch ein klares Bekenntnis zur Modernität ist. Im
Interview erklärt Michael Scully, Head of Design BMW Motorsport und
Kopf hinter der Ästhetik des neuen Le-Mans-Herausforderers, wie das
Design des BMW M8 GTE entstanden ist.
Herr Scully, der BMW M8 GTE wurde gebaut, um in den härtesten
Langstreckenrennen der Welt anzutreten. Warum ist das Design des
Fahrzeugs dabei von Bedeutung?
Michael Scully: „Wenn ein Fahrzeug wie der BMW M8 GTE schon vor
einem bahnbrechenden Serienfahrzeug wie dem BMW 8er öffentlich
vorgestellt wird, dann sind Performance-Kontinuität und
Design-Charakter von besonderer Bedeutung, da der Rennwagen eine
aktive Rolle dabei spielt, das Wesentliche des neuen BMW 8er zu formen
und zu kommunizieren. Rennfahrzeuge sind typischerweise dafür bekannt,
vor allem von Funktionalität getrieben zu sein, und ich liebe es, wenn
ein Auto so fokussiert ist: Sie vermitteln einen natürlichen und
authentischen Eindruck davon, wozu sie bestimmt sind. Die visuelle
Kommunikation ist allerdings viel subjektiver als die Zahlen auf einer
Stoppuhr. Als Designer bin ich sowohl an der reinen Performance des
Fahrzeugs als auch an seinem Charakter, der über Form und Optik
vermittelt wird, interessiert. Synergien zwischen diesen Elementen
herzustellen, ist oftmals eine große Herausforderung, aber im Design
für mich auch die höchste Auszeichnung.“
Muss ein Designer vor dem Hintergrund dieser Balance zwischen
Funktion und Emotion eher Abstriche machen oder verleiht sie dem
Ganzen erst eine Struktur?
Scully: „Das verläuft in beide Richtungen. Die Kriterien für die
funktionalen Anforderungen helfen dabei, den Designprozess zu
strukturieren und geben uns etwas, worauf wir antworten können.
Innerhalb solcher Rahmenbedingungen clevere und innovative Lösungen zu
finden, ist für mich das, was den Beruf des Designers ausmacht. Ohne
diese Einschränkungen wäre der Designprozess eine rein künstlerische
Sache, wie etwa die Fertigung einer Skulptur. Erst die Verbindung der
grundlegenden BMW Design DNA mit den funktionalen und vom Reglement
bedingten Anforderungen ist im Designprozess für mich der Punkt, an
dem kreative Dynamik wirklich beginnt.“
Inwiefern spiegelt das Design den Charakter eines Autos wider,
und wie sieht der Charakter des BMW M8 GTE
aus?
Scully: „Ich denke, wir haben beim BMW M8 GTE
einen fokussierten und entschlossenen Ausdruck geschaffen. Das
Fahrzeug hat eine herausragende Präsenz. Diese ist zum Teil auf die
grundlegenden Proportionen des Serienmodells zurückzuführen: Es hat
die klassische Zwei-Box-Proportion mit einer langgezogenen Motorhaube
und betont optisch die Masse an den Hinterrädern. So wird es im Kern
zu einem Sportwagen. Nachdem wir knapp 100 Millimeter an jeder Seite
des Autos hinzugefügt haben und auch mit seinen ausdrucksstarken
aerodynamischen Elementen vermittelt das Fahrzeug deutlich den
Anspruch, Rennen zu gewinnen.
An der Front haben wir die Gelegenheit genutzt, die Luftzufuhr
durch die Niere mit einer kräftigen Farb-Applikation zu betonen und
die funktionsgetriebenen aerodynamischen Formen betont. In Verbindung
mit den intensiven und nach vorn gerichteten Frontscheinwerfern sowie
den speziellen Kurvenlichtern für den Langstrecken-Rennsport erhält
das Fahrzeug einen absolut entschlossenen Ausdruck, was meiner Meinung
nach für seinen Zweck relevant ist.“
Ihr Großvater war ein einflussreicher Architekturhistoriker.
Ist das Ihrer Meinung nach Zufall oder glauben Sie daran, dass das
Gefühl für Formen und Design vererbbar ist?
Scully: „Mein Großvater hat mich gelehrt, dass es einem Gebäude
oder Objekt zusätzliche Bedeutung verleiht, wenn es seinen Kontext
einbezieht, und dass Gestaltung in einem situationsbezogenen Vakuum
erfolglos ist. Ein Objekt kann die menschliche Erfahrung positiv
beeinflussen, wenn es darauf ausgelegt ist, seine Umgebung
wahrzunehmen. Manchmal kann diese Verbindung durch einen direkten
Bezug auf diese Umwelt erreicht werden, beispielsweise wenn ein Haus
in einem Gebirge sich mit seiner Dachlinie den spezifischen Berghängen
anpasst. Manchmal aber auch durch die deutliche Distanzierung zur
bestehenden Umgebung, um einen weiterführenden Dialog zu provozieren.
Beides kann abhängig vom jeweiligen Fall wertvoll sein. Solch tieferen
Verbindungen zu schaffen, ist Aufgabe eines Designers. Ich denke, so
habe ich gelernt, Relevanz, Bedeutung und Wirkung in Objekten oder
Bildern zu finden.“
Wenn also das Gebirge den Kontext für das Gebäude bildet, ist
es die Rennstrecke für das Rennfahrzeug?
Scully: „Exakt. Der Rahmen für ein Rennfahrzeug ist der
Wettbewerb. Ich bin von Objekten fasziniert, die für den Wettkampf
gebaut wurden, weil sie so zielorientiert aussehen – und es auch sind.
Als Resultat daraus senden sie eine klare, eindringliche Botschaft
ihrer Absicht. Für den BMW M8 GTE ist es in diesem Kontext wichtig,
dass er moderne, kräftige und eindrucksvolle Formen und Farbgebungen
hat. Ich glaube, dass das Fahrzeug diese Attribute erfolgreich nach
außen trägt.“
Welche weiteren Herausforderungen gibt es für einen
Rennfahrzeug-Designer?
Scully: „Bei BMW Design nutzen
wir präzise Linien in Verbindung mit nuancierten Oberflächen, um eine
Wechselwirkung zwischen beiden zu erreichen und der Form des Autos
eine visuelle Struktur zu verleihen. Das Regelwerk für den BMW M8 GTE
verbot allerdings, jegliche Art von scharfen Linien auf den
Oberflächen hinzuzufügen, da in vielen Bereichen ein Radius von
mindestens 50 Millimetern bei jeder Oberflächenveränderung vorgegeben
ist. Das macht tendenziell sehr klobige, aber legitime Formen nötig.
Im Rahmen dieses Projekts haben wir kontinuierlich nach Wegen gesucht,
um die Vollkommenheit, Reichhaltigkeit und Präzision des Designs der
BMW 8er Serienfahrzeuge zu erhalten und unter Beachtung der Regularien
unsere Zielvorgaben für die Aerodynamik und das Gesamtpaket zu
erreichen. Einer der Wege, wie wir das erreicht haben, ist die
Gestaltung der Luftein- und -auslässe in der Karosserie: Sie erfüllen
wichtige Funktionen und bringen zugleich Präzision und Struktur in die
Form, die ansonsten etwas schwerer hätte werden können.“
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen der BMW 8er
Serienproduktion gestaltet?
Scully: „Die Verantwortlichen bei BMW Design haben
selbstverständlich intensiv Hand an den BMW 8er angelegt, was auch die
GTE-Version einschließt. Zudem ist der ‚Exterior’-Designer des BMW
Concept 8 Series ein guter Freund und Kollege von mir. Zu verstehen,
woher er thematisch kommt, war sehr hilfreich dabei, die Kontinuität
zwischen den beiden Fahrzeugen beizubehalten. Wir hatten außerdem die
Chance, direkt Ideen für den BMW M8 GTE auszutauschen, der in diesem
Zusammenhang eine natürliche Erweiterung der BMW 8er Linie ist. Ich
denke, dass Renn- und Serienfahrzeuge in der BMW Group eine
wechselseitige Beziehung haben: Viele Hersteller stellen heraus, wie
sehr die Rennfahrzeuge ihre Serienautos inspirieren, auch wir machen
das. Aber bei BMW inspirieren unsere Serienautos und Concept Cars auch
unsere Rennfahrzeuge. Ich denke, dass dieses jedem von ihnen ihre
Authentizität verleiht.“
Können Sie ein Beispiel für eine der von Ihnen genannten
Wechselwirkungen geben?
Scully: „Bei den Außenspiegeln des BMW M8 GTE habe ich während
des gesamten Entwicklungsprozesses darauf hingewirkt, den berühmten
BMW „M Haken“, der zurück zur Mitte des Fahrzeugs läuft, in das
Spiegelgehäuse zu integrieren. Es ist ein Element unserer M
Serienautomobile, das bei BMW Puristen Anklang findet. Ausgehend von
meiner ersten Skizze einer unteren freitragenden Stütze haben wir in
einer schrittweisen Zusammenarbeit mit den Aerodynamikern ein paar
deutliche funktionale Vorteile dieser Spiegelform ausmachen können. Es
ergibt sich ein positiver Effekt auf den aerodynamischen
Strömungsfluss entlang der Seiten des Fahrzeugs. Bei den Spiegeln
haben wir damit einen gemeinsamen Bereich, in dem die Funktionalität
des Rennwagens optimiert wurde, die grundlegende Designsprache und
-richtung aber von den Serienmodellen kommt.“
Welches sind Ihre Lieblingsteile am BMW M8 GTE und warum?
Scully: „Wie ich schon sagte, bin ich auf die Spiegel stolz,
weil sie eine eingebettete aerodynamische Funktion haben, den
ikonischen M Stil weitertragen und einen modernen und zielgerichteten
Ausdruck haben. Außerdem mag ich die Niere an der Front sehr, die mit
ihren exponierten inneren Oberflächen der besonderen Sorgfalt und den
Anforderungen eines Rennfahrzeuges gerecht wird. Die Niere erinnert
mit der nach vorn geneigten Haifisch-Nase an die Historie von BMW, und
indem wir sie durch freiliegende Einbauten öffnen, nehmen wir auf
moderne Art Bezug darauf.“
Welchen Stellenwert nimmt der BMW M8 GTE im Vergleich zu den
anderen BMW Rennfahrzeugen ein, an denen Sie gearbeitet haben?
Scully: „Der BMW M8 GTE konzentriert sich auf das Wesentliche
und ist eine effiziente, wettbewerbsorientierte Maschine. Er erfüllt
einen klar definierten Zweck und hat eine ausgeprägte und dynamische
Persönlichkeit. Für mich ist es das ursprünglichste und
entschlossenste Rennfahrzeug, das wir je gebaut haben.“