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Immer einen Gedanken voraus dank Car-2-X-Kommunikation.
Thu Apr 23 12:00:00 CEST 2009 Pressemeldung
Experten der BMW Group entwickeln im Forschungsprojekt AMULETT ein System zur Erhöhung des Fußgängerschutzes im Straßenverkehr.
Pressekontakt.
Michael Ebner
BMW Group
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Autor.
Michael Ebner
BMW Group
München. Ein Kind springt unerwartet zwischen zwei parkenden Fahrzeugen auf die
Fahrbahn - ein Schreckensszenario für jeden Autofahrer. Der BMW Group Forschung
und Technik gelang es jetzt in Zusammenarbeit mit führenden
Forschungseinrichtungen in Deutschland ein System zu entwickeln, das durch
Car-2-X-Kommunikation solche Szenarien entschärfen kann. Im Forschungsprojekt
AMULETT ("Aktive mobile Unfallvermeidung und Unfallfolgenminderung durch
kooperative Erfassungs- und Trackingtechnologie") kommuniziert das Fahrzeug mit
einem Funktransponder, den beispielsweise ein Fußgänger zu seinem Schutz bei
sich trägt. Durch kooperative Sensorik zwischen dem Auto und dem Transponder
können so auch verdeckte Verkehrsteilnehmer wahrgenommen werden.
Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und
Technologie förderte die dreijährigen Forschungsarbeiten, an denen neben der
BMW Forschung und Technik GmbH die Continental Safety Engineering International
GmbH, das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen, das Fachgebiet
Höchstfrequenztechnik der Technischen Universität München sowie die ZENTEC GmbH
beteiligt sind. Am 6. Mai werden die Ergebnisse von AMULETT zum
Projektabschluss der interessierten Öffentlichkeit präsentiert.
AMULETT - Funktechnologie für mehr Sicherheit im Straßenverkehr.
Die Forscher untersuchten mit AMULETT die Möglichkeiten einer so genannten
Car-2-X-Kommunikation mit dem Ziel, die Fußgängersicherheit zu erhöhen. Dazu
vernetzten sie bordautonome Systeme zur Fahrumfelderfassung mit der
Kommunikation zwischen Fahrzeug und einem Transponder, den der Fußgänger oder
Radfahrer zu seinem Schutz bei sich trägt. Bei dieser kooperativen
Sensortechnologie tauscht das Fahrzeug per Funk Daten mit dem Amulett, einem
aktiven RFID-ähnlichen Element (Radio Frequency Identification), das in Zukunft
beispielsweise in einer Schultasche, einem Mobiltelefon oder einem Gehstock
integriert sein könnte, aus.
Im Detail funktioniert das wie folgt: Der Transponder sendet auf den
Abfrageimpuls des Fahrzeugs hin eine Identifikationsnachricht. Damit ist eine
Positionsbestimmung möglich, und - noch wichtiger - die Identifizierung als
verletzlicher Verkehrsteilnehmer. Das funktioniert auch, wenn der Träger für
den Autofahrer im Moment der Gefahrensituation nicht sichtbar ist, weil dieser
beispielsweise hinter einem parkenden Auto oder einer Hecke steht. Das Amulett
identifiziert sich über einen Code, der häufig und zufällig gewechselt wird, um
eine Zuordnung des Senders zum Träger unmöglich zu machen. "So können wir die
Anonymität des Nutzers gewährleisten und die gesetzlichen Bestimmungen des
Datenschutzes einhalten, ohne die Prädiktion der Sensordaten zu gefährden",
sagt Dr. Ralph Raßhofer, Projektleiter von AMULETT bei der BMW Group Forschung
und Technik.
Die elektromagnetischen Wellen werden vom Versuchsfahrzeug durch ein
Mehrfachantennensystem in einer Frequenz um 2,4GHz erkannt, wobei
Einfallsrichtung und Identifikation durch eine Signalverarbeitungseinheit
bestimmt werden. Aus der Signallaufzeit zwischen Abfrageimpuls des Fahrzeugs
und Antwort des Transponders wird die Entfernung von Fußgänger und Fahrzeug
berechnet - im Prinzip wie beim Echolot. Ermittelt das System aus den
Informationen eine drohende Kollision, wird der Fahrer gewarnt. Reagiert dieser
nicht, können im Fahrzeug weitere Maßnahmen zur Unfallvermeidung oder
Unfallfolgenminderung ausgelöst werden - in letzter Konsequenz wird in Zukunft
eine Gefahrenbremsung eingeleitet. "Mit AMULETT gewinnen wir zukünftig sehr
präzise Schlüsse aus den Sensordaten. Dies gibt uns die Möglichkeit, die
Sicherheit im Straßenverkehr noch einmal deutlich zu erhöhen - denn jedes
Unfallopfer ist für uns eines zu viel", so Raßhofer.
Die Rückmeldung erhält der Fahrer im Prototypen der BMW Group Forschung und
Technik über das Head-up-Display, ähnlich wie beim heute schon verfügbaren
Night Vision mit Fußgängererkennung. "Es gehört zu unserer Entwicklungsarbeit,
gerade die Rückmeldung von Fahrerassistenz- und Fahrerinformationssystemen so
zu gestalten, dass sie den Fahrer keinesfalls beunruhigt, intuitiv gedeutet
werden kann und zur richtigen Handlung veranlasst", fügt Raßhofer hinzu.
Deswegen steht für die weitere Forschungsarbeit der Ausschluss von
Fehlmeldungen (z.B. bei AMULETT-Trägern, die in einem Auto sitzen) und die
Evaluation des Systems beim Umgang mit vielen Trägern - Stichwort: Stadtverkehr
- im Vordergrund.
Der beste Unfall ist der, der gar nicht passiert.
Die BMW Group handelt konsequent danach, durch Fahrerassistenz- und
Fahrerinformationsysteme die Autofahrer gezielt zu unterstützen,
unfallträchtige Situationen zu entschärfen. Besonderes Augenmerk gilt dabei
auch den verletzlichsten Verkehrsteilnehmern: Fußgänger, Radfahrer und andere
Nichtmotorisierte. Deshalb bietet BMW als weltweit erster Hersteller im neuen
BMW 7er BMW Night Vision mit Personenerkennung an. Schließlich passiert ein
Großteil der tödlichen Fußgängerunfälle bei Nacht - und viele davon auf offener
Strecke.
Wenn allerdings keine "Sichtverbindung" zwischen den genutzten Sensoren im
Fahrzeug - im Fall von Night Vision der Wärmebildkamera - und dem Fußgänger
möglich ist, wie beispielsweise tagsüber im Großstadtverkehr? Dafür stehen die
Forschungen an AMULETT. Unfallstatistiken verdeutlichen immer wieder, dass der
Fahrer in 40 Prozent aller tödlichen Fußgängerunfälle den Fußgänger erst
unmittelbar vor der Kollision erkennen kann. Noch dramatischer stellt sich die
Situation bei Kindern dar. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts von 2006
liefen 48 Prozent der verunglückten Kinder zwischen sechs und vierzehn Jahren
auf die Fahrbahn, ohne auf den Verkehr zu achten. 25 Prozent der Unfälle mit
Kindern entstanden durch plötzliches Hervortreten hinter Sichthindernissen.
"Mit AMULETT ist es den Forschungspartnern gelungen, einen weiteren sinnvollen
Schritt in der Erhöhung des Passantenschutzes im Straßenverkehr zu gehen. Durch
die verbesserte Kommunikation, die dieses System bietet, können schlecht
sichtbare Verkehrsteilnehmer frühzeitig wahrgenommen und Unfälle vermieden
werden", so Prof. Dr. Dr. Benedikt von Hebenstreit vom Zentrum für Verkehr und
Sicherheit an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Das Projekt AMULETT wird am 6. Mai im Rahmen einer Fachveranstaltung mit
Vortragsprogramm und Live-Demonstration dem Fachpublikum und der Öffentlichkeit
vorgestellt. Informationen hierzu sind auf der Homepage www.projekt-amulett.de
zu finden.
Die Partner in dem dreijährigen Forschungsprojekt:
Die BMW Forschung und Technik GmbH ist eine hundertprozentige Tochter der BMW
Group und verantwortet seit 2003 die Forschungsthemen VehicleTechnology,
CleanEnergy (Wasserstofftechnik), EfficientDynamics (intelligentes
Energiemanagement/alternative Antriebe), ConnectedDrive (Fahrerassistenz/aktive
Sicherheit) und ITDrive (IT-Architektur und Kommunikationstechnologie). Die
rechtliche Eigenständigkeit als GmbH garantiert kreativen Freiraum und ein
Maximum an Flexibilität. Der weltweite Zugang zu Trends und Technologien wird
durch ein international etabliertes Netzwerk mit den Stützpunkten Palo Alto und
Clemson (USA), Tokio (Japan) sowie den Liason Offices mit Eurécom (Sophia
Antipolis, Frankreich) und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche
Intelligenz(DFKI GmbH, Saarbrücken) sichergestellt.
Die Continental Safety Engineering International GmbH ist mit der Abteilung
Advanced System Engineering im Förderprojekt AMULETT beteiligt. Der
Tätigkeitsschwerpunkt liegt hier im Bereich der aktiven Fußgängerschutzsysteme,
wo Continental Safety Engineering International GmbH sowohl Sensorsysteme zur
Detektion einer Fußgängerkollision als auch Aktorsysteme zur Dämpfung des Bein-
und Kopfaufschlags entwickelt.
Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS forscht und entwickelt
in enger Kooperation mit den Auftraggebern aus der Industrie und auf den
Gebieten digitaler Rundfunk, Audio- und Multimediatechnik, digitale
Kinotechnik, Entwurfsautomatisierung, integrierte Schaltungen und
Sensorsysteme, drahtgebundene, drahtlose und optische Netzwerke, Lokalisierung
und Navigation, Hochgeschwindigkeitskameras, Ultrafeinfokus Röntgentechnologie,
Bildverarbeitung und Medizintechnik sowie IuK-Technologien für die
Logistik-Dienstleistungswirtschaft. Das Fraunhofer IIS beteiligt sich an dem
Projekt AMULETT mit Entwicklungen zu Funksystemen zur Lokalisierung. Ein
Schwerpunkt liegt dabei in der Miniaturisierung der Funktechnik und der
schnellen Signalverarbeitung für die Lokalisierung in Echtzeit.
Am Fachgebiet Höchstfrequenztechnik der Technischen Universität München werden
Bauelemente, Komponenten und Systeme für Radar- und Kommunikations-anwendungen
entwickelt und untersucht. Die Anwendungen liegen dabei überwiegend im Bereich
der Fahrumfelderfassung im Automobil. Seit vielen Jahren beschäftigt man sich
am Fachgebiet Höchstfrequenztechnik auch mit kooperativen Sensorsystemen und
-netzwerken. Im Gegensatz zu den üblichen Ansätzen orientiert sich dabei die
Systemauslegung in erster Linie an der optimalen Messqualität und erst in
zweiter Linie an den Erfordernissen des Kommunikationskanals. Im Ergebnis führt
dieses Vorgehen zu genauen und schnellen Abstandsmessungen bei einer
akzeptablen Kommunikationsqualität und -bandbreite. Im Rahmen der Arbeiten zu
AMULETT wurden u. a. grundlegende Untersuchungen zur Verwendung von Spreizcodes
für die Abstandsmessung durchgeführt.
Die ZENTEC GmbH unterstützt die Verbundpartner in Fragen des Projektmanagements
und der Projektorganisation. Als Technologiezentrum in der Region Bayerischer
Untermain, das eine lange Tradition in der Fahrzeugsicherheit hat, unterstützt
ZENTEC die Projektpartner dabei, die Projektergebnisse bekannt zu machen und
weiterzuentwickeln.