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„10 Fragen an …“ Kerstin Schmeding.
Thu Apr 26 10:30:00 CEST 2018 Pressemeldung
Kerstin Schmeding leitet seit September 2017 das Farb- & Materialdesign bei MINI. Welches breite Spektrum Farb- und Materialdesign umfasst, was wir in Zukunft erwarten und von der Natur lernen können, erläutert Kerstin Schmeding in den folgenden 10 Fragen.
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Michael Ebner
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Michael Ebner
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Kerstin Schmeding leitet seit September 2017 das Farb- & Materialdesign bei MINI. Welches breite Spektrum Farb- und Materialdesign umfasst, was wir in Zukunft erwarten und von der Natur lernen können, erläutert Kerstin Schmeding in den folgenden 10 Fragen.
1. Warum sind Sie Designerin geworden?
Seitdem
ich denken kann, war ich kreativ tätig, habe gezeichnet und gerne mit
den Händen gestaltet und Dinge entworfen. Entsprechend wollte ich
immer einen kreativen Beruf ausüben. Was mich darüber hinaus stets
begleitet hat, war Neugierde – und zwar auf alle möglichen Dinge. Ich
wollte immer mehr über Ästhetik oder Farben wissen und verstehen, wie
Dinge zusammenhängen und hergestellt werden. Das Gesamtprodukt und die
Zusammenhänge zu begreifen war und ist mein Anspruch – ein geradezu
holistischer Ansatz. Meinen Schritt in die Automobilbranche hat
maßgeblich der strahlende BMW 3er in Golfgelb meiner Eltern zu
verantworten. Die Formsprache und das Design haben mich schon früh in
seinen Bann gezogen.
2. Was fasziniert und inspiriert Sie?
Mich
fasziniert die Natur. Die dort herrschende Vielfalt von Farben,
Texturen, Atmosphären und Gerüchen – ein Erlebnis für alle Sinne. Das
ist für mich auch ein entscheidender Punkt im Design: dass alle Sinne
angesprochen werden. Was mich, neben der Vielfalt, am meisten an der
Natur begeistert, ist die stetige Veränderung. Nichts bleibt gleich.
Und mich faszinieren natürlich Farben. Egal, wo man sie anwendet,
schaffen sie Räumlichkeiten und Tiefe. Inspiration finde ich auch in
Erlebnissen. Ich habe früher unglaublich viel fotografiert und
mitunter Perspektiven, Stimmungen und Kompositionen bis zur Perfektion
verfolgt. Irgendwann habe ich damit aufgehört – auch weil ich mich
durch die Linse so distanziert gefühlt habe. Ich bin dazu
übergegangen, in Städte zu reisen und das pulsierende Leben
aufzunehmen. Ich mache zwar immer noch gerne Fotos, bin aber seitdem
mehr und mehr ins Erleben gegangen, um die Emotionen und Erlebnisse
mitzunehmen. Mich haben schon früh das Bauhaus, aber auch Designer wie
Eames und George Nelson interessiert. Das Spiel mit Licht, Farbe,
Materialien und deren einfacher, aber wirkungsvoller Umgang damit
faszinieren und inspirieren mich immer noch.
3. Was können wir von der Natur lernen?
Dass
sich Dinge wandeln und man die Veränderungen so auch annimmt. Aktuell
finde ich sehr spannend, wie unterschiedliche Generationen mit
Veränderung umgehen. Den technologischen Wandel empfinde ich
persönlich als positiv. Wir sind viel mehr in Verbindung, rücken
dadurch womöglich viel enger zueinander – auch für ältere Generationen
eröffnet dies neue Möglichkeiten der Teilhabe. Die Technologie wird
zunehmend „menschlicher“, d. h., sie unterstützt den Menschen in
seinen Bedürfnissen.
4. Was transportieren sie davon auf das
Design?
Inspiration im Allgemeinen, ob durch Trends,
Strömungen oder andere Dinge, ist ein wichtiger Punkt unserer
kreativen Arbeit. Spannend für uns ist dabei nicht nur der eigene
Bereich, sondern auch was in anderen Industrien passiert. Wir gehen
z. B. auf junge Messen wie die Dutch Design Week. Hier wird noch
experimentell und am Puls der Zeit gearbeitet. Interessant sind auch
neue Herstellungstechnologien. In der Automobilindustrie sind wir als
massenproduzierendes Gewerbe sehr weit vorne dran – das ist ein
riesiges Potenzial, das wir besitzen. Die Erfahrung hinsichtlich
Abläufen und Prozessen, um beispielsweise komplexe Materialien zu
formen, zu bearbeiten und/oder miteinander zu verbinden, ist enorm.
Seit den 1970er-Jahren ist eine Menge passiert. Und es kann in Zukunft
noch viel mehr passieren, z. B. Industrie 4.0 und additive
Manufacturing. Das alles hat auch großen Einfluss auf das Design. Der
3-D-Druck ist beispielsweise eine spannende Facette. Hiermit können
wir Individualisierung neu denken, Prozessschritte entfallen lassen,
Technologien einbringen und schnell auf Veränderung reagieren. Noch
stehen wir am Anfang, aber es kann möglicherweise in der Zukunft bis
zum Druck eines gesamten Fahrzeugs führen.
5. Was ist MINI für Sie?
Was MINI für mich
ausmacht, kann ich nur so beschreiben: Du setzt dich rein und hast
sofort ein Lächeln auf dem Gesicht. MINI schafft es, dass man sich in
seinem Selbst bestärkt fühlt. MINI ist alterslos. MINI ist eine
Haltung, das merke ich hier jeden Tag: tolle Menschen, der freundliche
Umgang miteinander, das ist etwas wirklich Besonderes. Wir und auch
unsere Kunden sind eine Community. Man begegnet sich auf Augenhöhe und
inspiriert sich gegenseitig. Das finde ich großartig. Was mich
außerdem an MINI begeistert, ist die Tatsache, dass die Marke stets im
Wandel ist, sie bleibt nicht stehen. Diese Dualität zwischen Tradition
auf der einen und Progressivität auf der anderen Seite. Gerade dieser
Balanceakt macht es spannend, wie wir mit neuen Themen, wie
beispielsweise Digitalisierung, umgehen. Oder auch mit unseren neuen
Individualisierungsmöglichkeiten durch MINI Yours Customised: Hier
nutzen wir neue Produktionstechnologien, verbinden sie aber über die
angebotenen Muster trotzdem mit der Marke. Den Hahnentritt würde man
vielleicht nicht auf einer 3-D gedruckten Interieurleiste erwarten,
sondern eher auf Stoff. Und genau das macht MINI für mich aus: Bei uns
ist Innovation kein Selbstzweck, sondern hat immer auch etwas mit der
Marke und der eigenen Geschichte zu tun. Das finde ich ganz wichtig.
6. Was ist die Aufgabe von Farb- und
Materialdesign?
Farbe und Materialien sollen Emotionen
wecken, Raum und Atmosphäre kreieren und unterstützen jeden in seiner
Individualität und seinen Bedürfnissen. Zusammen mit dem
Geometriedesign gestalten wir einen Grundcharakter wie eine Leinwand.
Das soll in erster Linie ein harmonisches Bild geben, und dies hat bei
MINI auch immer einen Akzent, etwas Besonderes, das dem Kunden ein
Lächeln ins Gesicht zaubert. Alle Nuancen in diesem Bild designen wir
mit und stellen sie sorgfältig bei höchster Qualität und Präzision
zusammen. Angefangen bei den Materialien – also Leder, Kunststoff oder
Folie, mit Narbung oder Textur, weich oder hart, sogar Glanzgrade.
Natürlich sind es auch die Farben plus gezielt gesetzter Akzente, die
von trendig bis Heritage die unterschiedlichen Facetten des Charakters
des Fahrzeugs herausarbeiten. Dabei gibt es in Farbe und Material
immer auch einen Bezug zur Tradition der Marke – ein Union-Jack- oder
Chester-Muster. Das verleiht eine besondere Tiefe, die so nur MINI hat.
7. Wie wird das in Zukunft konkret
aussehen?
Früher ging es bei Farb- und Materialdesign
vor allem um Optik und Haptik. Das Ziel war es, die Einzelperson in
ihrem Stil zu unterstützen und die Persönlichkeit zu unterstreichen.
Das gilt zwar immer noch, doch rückt die Interaktion von Mensch und
Material in den Vordergrund, da Materialien künftig mehr können – wie
beispielsweise aktive Funktionen übernehmen. Lautsprecher, Licht,
Ausströmer oder sogar Displays könnte man hinter Materialien verbergen
oder darin integrieren, was zu einer vollkommen neuen Ästhetik führt.
Allgemein geht es heute vor allem in Richtung Gesamterlebnis, gepaart
z. B. mit den Möglichkeiten der Konnektivität. Das bedeutet, dass ich
mit dem Material in Dialog treten kann. Auch bei Farben bedienen wir
uns natürlich aktueller Pigmente, gleichzeitig wollen wir stets eine
Verbindung zu unserem Markenkern bzw. unserer Herkunft schaffen. Denn
die Farbe soll stets das Exterieurdesign inszenieren und die Flächen
modellieren – aber eben MINI typisch, mit einer unerwarteten Facette.
Genau das ist die Qualität, die MINI ausmacht, die Liebe zum Detail.
8. Welche Farbtrends können wir erwarten?
Diese
Frage wird mir oft gestellt, ist heute jedoch gar nicht mehr so leicht
zu beantworten. Früher gab es klar umrissene Trends, die aufeinander
folgten. Heute dagegen existieren mehrere Farbtrends nebeneinander.
Sie treten oft auch in Wellen auf, und Dinge wiederholen sich in einer
etwas anderen Interpretation. So ist Neon beispielsweise vor Kurzem
wieder aufgelebt oder eben das Thema Weiß, das sich etwas gewandelt
hat und nun als Effektlackierung mit Pigmenten nach wie vor aktuell
ist. Gerade sehen wir außerdem viele warme Farbigkeiten und farbige
Grautöne – die Zeiten des kühlen Silbers oder Schwarz-Uni dagegen sind
eher vorbei. Auch in der Architektur kann man das sehen. Volle,
beinahe opulente Farben kommen mehr und mehr. Auch Petrol ist ein
Thema bzw. wird eins werden. Zusätzlich kommt das Metallene in Kupfer,
Messing oder Gold, das dann eben einen Akzent setzt. Was dagegen immer
Trend ist, ist Qualität in der Farbe. Also dass sie Tiefe und
Ausstrahlung hat. Bei MINI heißt Qualität auch, dass die Farbe immer
wieder aufs Neue begeistert und mit einem besonderen Akzent oder etwas
Unerwartetem überrascht, wie unsere neue Farbe Emerald Grey, ein
warmer Grauton, der mit seinen subtilen Effektpigmenten Charakter
verleiht und höchste Modernität ausstrahlt.
9. Die Zukunft der Mobilität wird verbunden sein mit autonomem
Fahren und Carsharing. Wird dies neue Anforderungen an Farben und
Materialien mit sich bringen?
Definitiv. Robuste
strapazierfähige Materialien sind ein Thema – es geht aber weit
darüber hinaus. Wenn ich mich in ein Fahrzeug setze, möchte ich etwas
Persönliches und Individuelles erfahren. Das bedeutet, es wird sich in
Zukunft je nach Fahrer individualisieren. So könnte der gesharte MINI
den Fahrer bspw. erkennen und sich ihm in Lichtstimmung, Duft und
vielen anderen Dingen anpassen. Es könnten z. B. Sitze aus Schäumen
sein, die sich individuell je nach Fahrer verändern. Auch Materialien
mit Sensoriken, die dann die Materialeigenschaften bei Bedarf
verändern können und sich optimal an individuelle Bedürfnisse
anpassen, sind denkbar. All das ist zwar noch weit in der Zukunft,
aber es wird enorm spannend. Vielleicht kommen wir in Zukunft ganz
ohne konventionelle Formwerkzeuge aus und stattdessen wird additiv
produziert. Dadurch wären z. B. dem Innenraum kaum Grenzen gesetzt:
Die Maschine in der Fabrik könnte in Zukunft alles machen. Und
vielleicht ist die Individualisierung auch noch updatefähig,
Materialien oder Komponenten austauschbar oder, oder, oder – da wird
vieles möglich werden.
10. Wofür wird MINI in Zukunft stehen?
Für mich
ist Digitalisierung ein Hauptthema, ebenso wie der bewusste Umgang mit
Ressourcen. Und gerade weil MINI so eine nahbare Marke ist, kann
dieses Thema auf eine ganz andere Art zugänglich gemacht werden. Dabei
geht es nicht nur um Materialien, sondern auch um Formen und
Herstellungsverfahren. Das geht weit über den Designbereich hinaus.
Und gerade deshalb ist es so spannend, weil wir den Anspruch haben,
Ressourcen zu schonen und die Welt auch für unsere Nachkommen
lebenswert zu halten. Auf diese Aufgaben freue ich mich schon jetzt sehr.
Vielen Dank!