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Rede Dr. Nicolas Peter, Mitglied des Vorstands der BMW AG, Finanzen, Telefonkonferenz Halbjahresbericht zum 30. Juni 2021
Tue Aug 03 10:00:00 CEST 2021 Reden
Rede Dr. Peter Telefonkonferenz Q2 2021
Pressekontakt.
Michael Ebner
BMW Group
Tel: +43-662-8383-9100
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Guten Morgen, meine Damen und Herren.
Im zweiten Quartal 2021 hat die BMW Group – wie erwartet – an
die gute Performance der ersten drei Monate angeknüpft. Individuelle
Mobilität ist weiterhin weltweit stark nachgefragt. Die EBIT-Marge im
Automobilsegment liegt per Juni bei 13,0% und damit auf einem sehr
guten Niveau.
In einem Jahrzehnt der Transformation nimmt die BMW Group eine
aktive und gestaltende Rolle ein. Unsere nachhaltige Profitabilität
bildet die Basis, um weiter in Zukunftstechnologien investieren zu
können. In einem starken ersten Halbjahr haben wir daher weiter
konsequent an unserer Performance gearbeitet. Zudem greifen die
Effizienzmaßnahmen, die wir in den vergangenen Jahren angestoßen haben.
Die Herausforderungen bei der Halbleiter-Versorgung konnten wir
dank des hohen Einsatzes unserer Mitarbeiter in Einkauf, Produktion
und Vertrieb bisher gut bewältigen. Mit zunehmender Dauer der
Lieferengpässe wird die Situation allerdings angespannter. Wir rechnen
im zweiten Halbjahr daher mit weiteren Produktionseinschränkungen und
damit verbundenen Auswirkungen auf den Fahrzeugabsatz.
Beginnen wir mit den Finanzkennzahlen im Konzern.
Die
Erholung von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise hat
sich im ersten Halbjahr 2021 fortgesetzt. Per Juni konnten wir den
Konzernumsatz um 28,1% auf 55,36 Mrd. Euro steigern.
Das Konzernergebnis vor Steuern liegt per Juni mit 9,74 Mrd.
Euro wie erwartet deutlich über dem stark vom Lockdown beeinflussten
Vorjahreswert. Im zweiten Quartal ist es auf nahezu 6 Mrd. Euro
gestiegen. Entsprechend der insgesamt guten Geschäftsentwicklung liegt
die EBT Marge im Konzern per Juni bei 17,6% und im 2. Quartal bei
20,9%. In Umsatz und Ergebnis spiegeln sich insbesondere die
verbesserte Preisdurchsetzung, positive Modellmix-Effekte sowie das
gestiegene Absatzvolumen infolge höherer Nachfrage wider. Sowohl
unsere Neufahrzeuge als auch unsere Gebrauchtwagen erfreuen sich bei
den Kunden großer Beliebtheit. Darüber hinaus wirkte sich ein deutlich
verbessertes Finanzergebnis positiv auf das Konzernergebnis aus.
Niedrigere Aufwendungen für Risikovorsorgen und bessere
Wiedervermarktungserlöse für unsere Leasingrückläufer haben ebenfalls
zum Anstieg beigetragen. Im Vorjahr hatten wir pandemiebedingt
aufgrund der volatilen Situation höhere Rückstellungen gebildet, die
nun teilweise aufgelöst werden konnten. Dazu kamen positive Effekte
aus der im Mai kommunizierten Teil-Auflösung der Rückstellung für das
EU-Kartellverfahren in Höhe von 1 Mrd. Euro, sowie aus
Bewertungseffekten bei den Pensionsverpflichtungen. Gegen die
genannten positiven Effekte laufen Belastungen aus gestiegenen Rohstoffpreisen.
In den letzten Jahren haben wir nachhaltige Veränderungen in
allen Bereichen des Unternehmens umgesetzt, die sich nun auszahlen.
Wir sind weitere wichtige Schritte bei der Komplexitätsreduktion
gegangen. Neue Paketlösungen bei unseren Produkten haben insbesondere
das digitale Kundenerlebnis deutlich einfacher und angenehmer gemacht.
Gleichzeitig führen sie zu Entlastungen auf der Kostenseite.
Um das Vertriebspotenzial voll ausschöpfen und das Working
Capital verbessern zu können, optimieren wir laufend unsere
Vertriebsstrukturen und steuern unseren Absatz sowie die Bestände
mithilfe von Analysetools noch granularer, also nach Markt, Modell und
Vertriebskanal. So haben wir immer das passende Angebot. Im
Produktionsbereich werden wir wie angekündigt die Kosten je Einheit
bis 2025 im Vergleich zu 2019 um ein Viertel senken. Hier nutzen wir
unter anderem Optimierungspotenziale in der Logistik und bei der
Auslastung der Werke sowie virtuelle Planungsprozesse.
Die weitere Elektrifizierung unserer Fahrzeugflotte steht im
Mittelpunkt unserer kurz- und mittelfristigen Planungen. Bereits seit
Juli läuft der vollelektrische BMW iX in Dingolfing vom Band. Im
Herbst folgt der ebenfalls vollelektrische BMW i4 im Stammwerk in München.
Mit mehr als 2,57 Mrd. Euro liegen die F&E-Leistungen in den
ersten sechs Monaten weiter auf einem hohen Niveau. Erste
Vorleistungen für die Neue Klasse sind hier ebenso enthalten wie
Aufwendungen für die Weiterentwicklung unserer Elektroantriebe und die
Digitalisierung unserer Flotte. Dabei steht der Kunde im Mittelpunkt.
Die Forschungs- und Entwicklungsquote nach HGB liegt im ersten
Halbjahr bei 4,6%.
Bei all unseren Entscheidungen fokussieren wir klar auf die
wesentlichen Themen: Elektrifizierung, Nachhaltigkeit und
Digitalisierung. Die vorhandenen Mittel setzen wir mit Augenmaß ein,
um maximale Wirksamkeit zu erzielen. Die Investitionen fallen mit
knapp 1,71 Mrd. Euro höher aus als im vergleichbaren
Vorjahreszeitraum. Wesentliche Treiber waren Aufwendungen für den
Start des neuen iX sowie für die Weiterentwicklung unserer Elektroantriebe.
Mit 3,1% liegt die Investitionsquote vor dem Hintergrund des
Umsatzanstiegs leicht unterhalb des Vorjahreswerts. Im zweiten
Halbjahr erwarten wir anlaufbedingt und wie saisonal üblich höhere
Investitionen. Im Gesamtjahr wird die Quote unseren Erwartungen
zufolge deutlich unterhalb unseres Zielwerts von 5% liegen.
Das Finanzergebnis ist im ersten Halbjahr 2021 deutlich
angestiegen. Im At Equity Ergebnis zeigt sich die erneut starke
Geschäftsentwicklung unseres chinesischen Joint Ventures BBA, dessen
Ergebnisbeitrag vor dem Hintergrund der hohen Kundennachfrage auf 1
Mrd. Euro zulegte. Der Vorjahreswert war vor allem im ersten Quartal
durch die pandemiebedingten Einschränkungen belastet. Im übrigen
Finanzergebnis wirkten Bewertungseffekte bei Zinsderivaten im
Zusammenhang mit dem gestiegenen Zinsniveau in den USA positiv. Dazu
kamen weitere positive Bewertungseffekte aus dem iVentures Fond und
aus der SGL Carbon Beteiligung im Beteiligungsergebnis.
Die digitalen Dienstleistungen von YourNow haben in den
vergangenen Monaten von der europaweiten Lockerung der
Pandemiebeschränkungen profitiert. Die Nachfrage ist deutlich
gestiegen. FREE NOW Ridehailing beispielsweise erzielte ein Wachstum
von 140% bei Taxi- und Chauffeurfahrten. SHARE NOW verzeichnete
ebenfalls einen starken Aufschwung beim Carsharing. Die Langzeitmieten
stiegen im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 41 %.
Kommen wir zu den einzelnen Segmenten, beginnend mit dem
Automobilsegment. Die gute Nachfrage auf den internationalen
Automobilmärkten spiegelt sich positiv in den deutlich gestiegenen
Umsatzerlösen wider. Per Juni betragen sie 47,75 Mrd. Euro. Im Quartal
liegt der Umsatz bei 24,98 Mrd. Euro. Alle Weltregionen verzeichnen
eine positive Entwicklung, insbesondere China und die USA.
Das operative Ergebnis, das EBIT, ist im ersten Halbjahr auf
einen neuen Bestwert von 6,19 Mrd. Euro gestiegen. Im zweiten Quartal
legte es auf 3,95 Mrd. Euro zu. Neben der oben genannten anteiligen
Auflösung der Rückstellung für das EU-Kartellverfahren wirkten sich
ein geringerer Personalstand sowie die verbesserte Preisdurchsetzung
und die angesprochene gute Situation bei der Restwertentwicklung
positiv aus. Höhere Rohstoffpreise, unter anderem der starke Anstieg
bei Rhodium und Palladium, haben die Ergebnisentwicklung gedämpft. Die
EBIT-Marge beläuft sich vor diesem Hintergrund per Juni auf 13,0%, im
Quartal waren es 15,8%.
Die bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der
Versorgungsketten und weiteren Belastungen aus Rohstoffen bleiben
hoch. Daher wird sich die Ergebnisdynamik im zweiten Halbjahr
voraussichtlich abschwächen.
Im Finanzergebnis des Segments wirkten im zweiten Quartal der
gute Ergebnisbeitrag aus unserem chinesischen Joint Venture BBA mit
knapp 500 Mio. Euro sowie positive Bewertungseffekte bei Beteiligungen.
Kommen wir zum Free Cashflow im Segment Automobile.
Wir
nutzen die gegenwärtige Situation, um das Working Capital weiter
konsequent zu optimieren. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg. Der
Free Cashflow im Segment liegt zum 30. Juni bei 4,9 Mrd. Euro. Treiber
ist neben einer konsequenten Steuerung des Working Capital in
Verbindung mit niedrigeren Vorräten aufgrund der Halbleiter-Engpässe
vor allem das höhere Ergebnis. Wie üblich werden Investitionen
verstärkt gegen Ende des Jahres bezahlt. Zudem wird die
Ergebnisdynamik von den genannten Versorgungsengpässen gedämpft.
Ferner erwarten wir im zweiten Halbjahr Mittelabflüsse für
Personalstrukturmaßnahmen. Dazu kommen auch deutlich höhere
Steuervorauszahlungen. Zum Jahresende streben wir einen Free Cashflow
an, der über dem bisherigen Jahres-Bestwert von 5,8 Mrd. Euro liegt.
Kommen wir nun zum Segment Finanzdienstleistungen, das im
zweiten Quartal ebenfalls vom weltweiten Absatzwachstum und von einem
positiven Risikoumfeld profitieren konnte und eine starke finanzielle
Performance aufwies.
Im Finanzierungs- und Leasinggeschäft mit Endkunden wurden im
ersten Halbjahr 1,03 Mio. Neuverträge abgeschlossen, 28% mehr als im
Vorjahr. Der Vertragsbestand mit Endkunden lag mit 5,6 Mio. Verträgen
auf dem Niveau des Jahresanfangs. Darüber hinaus setzte sich die
bereits erwähnte sehr gute Entwicklung auf den Gebrauchtwagenmärkten
vor allem in den USA und Großbritannien im zweiten Quartal fort. Dies
war mit hohen Erlösen aus dem Verkauf von Leasingrückläufern
verbunden. Die Kreditverluste bewegten sich weiterhin auf einem
niedrigen Niveau.
Im ersten Halbjahr ist das Segmentergebnis vor Steuern auf 1,94
Mrd. Euro angestiegen. Im zweiten Quartal beträgt es 1,15 Mrd. Euro.
Das Vorjahresquartal war aufgrund der Corona Pandemie von starker
Unsicherheit geprägt. Dies führte zum Aufbau zusätzlicher
Risikovorsorgen für erwartete Kredit- und Restwertrisiken.
Für das Segment Motorräder ist das zweite Quartal ebenfalls
positiv verlaufen. Bis Ende Juni wurden acht neue Modelle eingeführt.
Mit diesem starken Produktangebot konnten wir den Absatz im ersten
Halbjahr auf 107,000 Einheiten steigern – ein neuer Bestwert in diesem
Zeitraum. Das operative Segmentergebnis ist entsprechend der guten
Geschäftsentwicklung per Juni auf 284 Mio. Euro gestiegen. Im zweiten
Quartal betrug es 149 Mio. Euro. Die EBIT-Marge beträgt im ersten
Halbjahr 17,5%.
Kommen wir nun zur Prognose für das laufende Jahr. Die BMW Group
setzt weiterhin auf profitables und nachhaltiges Wachstum.
Nach
einem starken ersten Halbjahr erwarten wir für die zweite Jahreshälfte
grundsätzlich eine Fortsetzung der positiven Geschäftsentwicklung. Bei
unseren Prognosen setzen wir voraus, dass sich die wirtschaftlichen
und politischen Rahmenbedingungen nicht wesentlich verschlechtern.
Mögliche weitere Auswirkungen der Corona-Pandemie sind in unseren
Einschätzungen nicht enthalten.
Im Gesamtjahr rechnen wir auf Basis unserer aktuellen
Einschätzungen mit folgender Entwicklung bei den wichtigsten
finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren:
Beim Vorsteuerergebnis im Konzern erwarten wir im Gesamtjahr
eine deutliche Steigerung. Durch den weitergeführten Personalumbau
wollen wir unsere Ziele mit einer leicht unter dem Vorjahr liegenden
Mitarbeiterzahl erreichen.
Im Segment Automobile soll die Zahl der Fahrzeugauslieferungen
der Marken BMW, MINI und Rolls-Royce solide über dem Niveau des
Vorjahres liegen.
Der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge am
Gesamtvolumen wird deutlich steigen.
Wir verfügen über eine
starke Marktposition in China. Auch in den USA und in Europa ist die
Nachfrage nach Automobilen unserer drei Konzernmarken weiter hoch.
Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten bei der Halbleiterversorgung
rechnen wir allerdings mit Auswirkungen auf die Absatzzahlen infolge
weiterer Produktionsausfälle. Weiterhin werden uns hohe Rohstoffpreise
in der zweiten Jahreshälfte deutlich belasten. Zudem erwarten wir
einen saisonal üblichen Hochlauf bei den Fixkosten zum Jahresende. Die
EBIT-Marge erwarten wir daher weiterhin am oberen Ende des Korridors
von 7 bis 9%. Die CO₂-Emissionen werden wir in der Neuwagenflotte
erneut deutlich reduzieren.
Im Segment Finanzdienstleistungen wird die Ergebnisentwicklung
stärker als ursprünglich erwartet von der verbesserten Situation
sowohl bei Kredit- als auch Restwertrisiken beeinflusst. Dies schlägt
sich in einem im Vergleich zur ursprünglichen Guidance erhöhten Return
on Equity nieder. Hier gehen wir nunmehr von einem Wert zwischen 17
und 20% aus.
Im Segment Motorräder hatten wir bisher bei den Auslieferungen
einen soliden Anstieg erwartet. Aufgrund der guten Marktentwicklung
werden wir voraussichtlich etwas mehr Motorräder ausliefern können als
im März erwartet. Daher gehen wir nun von einem deutlichen Anstieg der
Auslieferungen aus, der leicht oberhalb der Schwelle von 10% liegen
dürfte. Die EBIT-Marge wird sich im Zielkorridor von 8 bis 10% bewegen.
Die BMW Group liegt zum Ende des ersten Halbjahres auf Kurs für
die Jahresziele. Die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der
Halbleiter-Versorgung erschweren die Planungen für das Gesamtjahr.
Unsere Fahrzeugwerke verfügen über die Kapazität und Flexibilität, die
hohe Kundennachfrage jederzeit zu bedienen. Dabei sind wir jedoch auf
funktionierende Lieferketten angewiesen.
In jeder herausfordernden Situation können auch Chancen liegen.
Wir nutzen diese aktiv und haben auch in den letzten Monaten schnell
und konsequent reagiert. Die Bandbreite reicht von Bestandsoptimierung
bis hin zu nachhaltigen Effizienzmaßnahmen in allen
Unternehmensbereichen. Wir behalten das Momentum der letzten Monate
bei und gestalten so aktiv die Transformation des Unternehmens. Vielen Dank.