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Rede Oliver Zipse, Vorsitzender des Vorstands der BMW AG, Telefonkonferenz Quartalsmitteilung zum 30. September 2021
Wed Nov 03 10:00:00 CET 2021 Reden
Rede Zipse Telefonkonferenz Q3 2021
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Michael Ebner
BMW Group
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Author.
Michael Ebner
BMW Group
Ich grüße Sie alle sehr herzlich!
Die BMW Group ist profitabel. Das Unternehmen wächst. Das
verdanken wir unseren Kunden weltweit, die unsere Produkte und
Antriebstechnologien in ihrer Vielfalt nachfragen.
1,9 Millionen Automobile der Marken BMW, MINI und Rolls-Royce
haben wir in den ersten neun Monaten ausgeliefert sowie 156.000 BMW
Motorräder und Scooter. Das sind 18 respektive 21 Prozent mehr als im Vorjahr.
BMW hat erneut Marktanteile gewonnen und erreicht als
Premiumhersteller inzwischen einen Weltmarktanteil von 3,4 Prozent. In
bedeutenden Märkten wie den USA und China haben wir unsere starke
Wettbewerbsposition ausgebaut.
In vielen Ländern führt BMW das Premiumsegment an. Das trifft
auf China und die USA ebenso zu wie auf Mexiko, Brasilien und weitere
Märkte in Südamerika sowie Südafrika und viele Länder in Europa,
darunter unser Heimatmarkt Deutschland. Dies zeigt: Wir setzen unsere
erfolgreiche Geschäftsentwicklung fort. Für 2021 bestätigen wir unsere
erhöhte Jahresprognose.
Unsere Ertragskraft hat eine fundamentale Bedeutung. Wir
schaffen damit das Fundament, um weiter gezielt in die relevanten
Zukunftsfelder zu investieren. Diese Beidhändigkeit ist mehr denn je gefragt.
Denken Sie an: anspruchsvolle politische Vorgaben, heterogene
wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in der Welt, neue
technologische Möglichkeiten, geopolitische Spannungen und vieles mehr.
Als globales Unternehmen ist es unsere Aufgabe, unter den
jeweiligen Rahmenbedingungen ein langfristig tragfähiges
Geschäftsmodell für die BMW Group zu sichern. Das erfordert zum einen,
dass wir kurzfristige Veränderungen in unserem Umfeld flexibel, aber
konsequent angehen. Gleichzeitig verfolgen wir unsere strategische
Ausrichtung gemäß unserer langfristigen Ziele und treffen die
notwendigen Entscheidungen.
Auf diese Beidhändigkeit möchte ich heute eingehen:
- Worauf konzentrieren wir uns jetzt?
-
Wie stellen wir uns für die Zeit nach 2025 auf?
Zum ersten Punkt:
Auch in diesem Jahr haben wir unsere Fähigkeit bewiesen, schwierige
Situationen zu meistern. Das gilt für die anhaltenden Auswirkungen der
Corona-Pandemie genauso wie für die derzeit angespannte
Versorgungslage bei Halbleitern. Unsere Ressorts Einkauf, Entwicklung,
Produktion und Vertrieb arbeiten sehr eng zusammen und schöpfen alle
Möglichkeiten aus. Zudem haben unsere stabilen und vertrauensvollen
Beziehungen zu den Lieferanten weltweit dafür gesorgt, dass wir die
Situation im Sinne unserer Kunden bislang besser abfedern konnten als
viele Wettbewerber.
Per September liegen nicht nur all unsere Marken, sondern auch
die großen Weltregionen deutlich über Vorjahr: Europa über 10 Prozent.
Asien fast 20 Prozent. Amerika über 30 Prozent. Sonstige Märkte fast
30 Prozent.
So wie von uns erwartet und angekündigt, ist die Absatzdynamik
bei unseren elektrifizierten Fahrzeugen besonders hoch:
Unsere
Auslieferungen bei E-Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden haben sich von
Januar bis September gegenüber Vorjahr verdoppelt. Unsere BEVs liegen
sogar 120 Prozent über Vorjahr.
Seit kurzem laufen die neuen Innovationsträger BMW i4 und BMW iX
vom Band. Beide sind für mehrere Monate vorbestellt. Viele
internationale Medienvertreter und Automobilexperten haben den i4 und
den iX in den vergangenen Wochen persönlich erlebt und waren begeistert.
Wir im Vorstand testen unsere Produkte regelmäßig. Das ist ganz
klar. Vor kurzem ging es auch für unsere Bereichsleiter von München in
die Nähe von Köln. Knapp 600 km im iX – vollelektrisch, mit den
neuesten digitalen Features.
Ihr Fazit: E-Mobilität ist voll im Alltag angekommen.
Aber die Ladeinfrastruktur hält nicht Schritt. Sie muss hier in
Deutschland und ganz Europa schnell und spürbar ausgebaut werden –
entlang eines ebenso verbindlichen wie ambitionierten Szenarios. Dafür
setze ich mich auch als ACEA‑Präsident ein. Schon heute übersteigt das
Wachstum bei Elektroautos das Wachstum der Ladekapazitäten in
Deutschland um Faktor 5. In vielen EU‑Staaten existiert noch
überhaupt kein Netz mit Ladesäulen.
Doch ohne stimmige Rahmenbedingungen wird sich keine Technologie
umsetzen lassen bzw. breite Akzeptanz finden. Das gilt für E-Mobilität
genauso wie für Wasserstoff. Deshalb sollten zusätzlichen Schritte für
eine stärkere CO2-Reduzierung in Europa nach 2030 nur
ausgehend von der dann tatsächlich vorhandenen Ladeinfrastruktur
beschlossen werden. Hier kann ein Review im Jahr 2028 die passenden
Vorgaben für den weiteren Pfad liefern. Eine grundlegende
Voraussetzung ist, dass unsere Kunden schon heute vom E‑Antrieb
überzeugt sind. Und wir dürfen festhalten, dass wir hier richtig
unterwegs sind.
„The best 4 series is electric” – so wird der neue BMW i4
vielfach gelobt. Und wir schaffen so Begehrlichkeit. Gebaut wird er in
unserem ältesten Werk, in dem Menschen mit über 50 Nationalitäten
arbeiten, mitten in der Stadt. Dazu ein kleiner Exkurs, denn dort wird
der Wandel am sichtbarsten. Unsere Motorenfertigung verlagern wir
schrittweise an andere Standorte. Jobs streichen wir dabei nicht.
Dafür entsteht an gleicher Stelle eine Montage für E-Autos.
Das bringt uns schnell voran: Schon 2023 hat mindestens die
Hälfte aller Fahrzeuge aus dem Werk München einen elektrifizierten
Antrieb. Davon wird der überwiegende Teil vollelektrisch sein. Mit der
neuen Fahrzeugmontage kann das Werk ab 2026 auch bis zu 100 Prozent
BEVs fertigen. Entscheiden wird darüber die Nachfrage. So funktioniert
konsequente Transformation. Parallel arbeiten wir an einer
emissionsfreien Transportlogistik für unser Stammwerk. Und wir lassen
niemanden zurück. Weltweit haben wir mehr als 50.000 Fachkräfte für
E‑Mobilität qualifiziert.
Ab diesem Monat sind neben unserem Elektro-Pionier BMW i3, dem
urbanen Erfolgsmodell MINI SE* und dem BMW iX3*, den wir in China
produzieren, auch der i4 und der iX verfügbar. In den nächsten zwei
Jahren folgen die vollelektrischen Versionen der volumenstarken BMW
Reihen 5er und X1 sowie der 7er.
Für unsere Kunden bedeutet das: Bereits ab 2023 decken wir rund
90 Prozent unserer heutigen Marktsegmente mit jeweils mindestens einem
vollelektrischen Modell ab. Sie haben die Wahl. Trotzdem ist der Weg
noch lang, bis alle Kunden in allen Ländern der Welt nur elektrisch
fahren. Für den Klimaschutz zählt jedoch schon heute jedes einzelne
Gramm CO2, das wir vermeiden.
Warum sollten wir uns vorzeitig auf nur eine technische Lösung
festlegen, wenn dadurch erhebliche Potenziale im Hier und Jetzt
ungenutzt bleiben?
Dazu zählt explizit auch eine weitere CO2-Reduktion
durch die Weiterentwicklung der konventionellen Antriebstechnologien.
Ab 2022 erhalten unsere Baukastenmotoren die zweite Generation
48-Volt-Technologie. Dies führt bei allen zu einer weiteren deutlichen
Effizienzsteigerung. Bei einzelnen Modellen, die nun direkt in die
zweite Stufe springen, kann dies weniger CO2 in einer
Größenordnung von bis zu 20 Prozent ausmachen.
Wir brauchen den Wettbewerb der Technologien – im Interesse der
Kunden und für weniger CO2. Alles andere wäre ein
Konsolidierungskurs. Mit unseren intelligenten Fahrzeugarchitekturen
bedienen wir auch künftig die weltweiten Märkte in ihrer
Individualität und Veränderungsgeschwindigkeit mit den jeweils
passenden Technologien.
Damit zum zweiten Punkt:
Wie stellen wir uns für die Zeit nach 2025 auf?
Im technologischen Wandel sehen wir eine große
Chance, unser Geschäftsmodell nachhaltig zu stärken. Technologie
schafft Klimaschutz. Wir richten die BMW Group konsequent auf
Klimaneutralität aus. Was zählt dazu?
- Der weitere Hochlauf der E-Mobilität bei allen Marken. MINI und Rolls-Royce werden ab Anfang der 2030er Jahre ausschließlich elektrisch sein. Unsere Kernmarke BMW führen wir mit der NEUEN KLASSE ab 2025 in eine neue vollelektrische Dimension. Das gilt ebenso für das digitale Erleben von Mobilität unserer Kunden.
- Unser klares Bekenntnis zur klimaneutralen Mobilität. Dazu haben wir unsere anspruchsvollen Nachhaltigkeitsziele für Lieferkette, Produktion und Nutzungsphase weiter selbst verschärft.
- Unsere Ausrichtung hin zur Kreislaufwirtschaft. Wie das konkret
aussehen kann, haben wir auf der IAA Mobility gezeigt. Auf den BMW i
Vision Circular haben wir weltweit extrem positives Feedback
erhalten.
Er besteht zu 100 Prozent aus recyceltem Material und ist zu 100 Prozent recyclingfähig. Wir kündigen nicht nur an, sondern lassen Taten sprechen. Für die NEUE KLASSE zum Beispiel beziehen wir „grünen“ Stahl vom schwedischen Start-up H2 Green Steel – hergestellt mit Wasserstoff und Grünstrom. So verringern wir bereits ab Anfang der Lieferkette die CO2-Emissionen auf drastische Weise.
Die entscheidende Frage lautet doch: Welchen gesamthaften
CO2-Abdruck hinterlässt ein Fahrzeug über seinen
Lebenszyklus – von den eingesetzten Rohstoffen über die industrielle
Fertigung und aktive Nutzung bis hin zum Recycling?
Dabei bemisst sich die Glaubwürdigkeit daran, ob sich konkretes
Handeln am Ende auch überprüfen lässt. Deshalb ist die BMW Group als
erster deutscher Automobilhersteller der Business Ambition for 1.5
degrees beigetreten. Das beinhaltet Klimaneutralität bis 2050. Und
unser Weg dorthin ist wissenschaftlich validiert, transparent und
messbar. Klar ist: Ressourcen werden immer knapper. Folglich steigen
die Preise für Rohstoffe.
Deswegen denken wir den nächsten Transformationsschritt schon
jetzt folgerichtig mit: Wie verringern wir unseren Ressourcenverbrauch
deutlich?
Hier liegt ein kräftiger Hebel für nachhaltiges
Wirtschaften und profitables Wachstum in der Zukunft. Bei der BMW
Group werden wir den Anteil von Sekundärmaterialien in unseren
Fahrzeugen sukzessive auf 50 Prozent erhöhen. Wir alle sind gefordert.
Darum dürfen wir nicht länger in Fragmenten denken.
Ich sage das
mit Blick auf die UN Climate Change Conference in Glasgow. Am
kommenden Montag werde ich diese Themen auf dem Sustainable Innovation
Forum der COP adressieren.
Unser gemeinsames Ziel, die CO2-Emissionen schnell
und massiv zu senken, erfordert Kooperation auf globaler Ebene.
Das gilt speziell für der Bepreisung von CO2
. Wir unterstützen die Bepreisung als effizienteste Maßnahme
zur Eindämmung der Kohlenstoff-Emissionen, sofern sie
länderübergreifend und einheitlich geregelt wird. Es ist sehr wichtig,
dass die Lenkungswirkung der Politik in diese Richtung zielt.
In allen Branchen sind Nachhaltigkeit und Digitalisierung längst
eng miteinander verknüpft. Mit Catena-X haben wir aus diesem Grund ein
industrielles Vorzeigeprojekt etabliert, das wir nun weiter stärken
müssen. Catena-X schafft Transparenz vom kleinen Zulieferbetrieb bis
zum OEM. Diese übergreifende Vernetzung ist ein echter Standortvorteil
für Europa. Ein modernes Fahrzeug ist heute schon wesentlich durch
Software geprägt. Wir forschen und entwickeln an 10 Standorten rund um
den Globus – an eigenen Standorten sowie in Joint Ventures – mit
insgesamt rund 10.000 IT- und Software-Spezialisten an der
Digitalisierung von Fahrzeugen.
Seit über zwei Jahrzehnten treiben wir die Vernetzung unserer
Fahrzeuge voran. Das zeigt sich auch jetzt wieder: Ende dieses Jahres
hat die BMW Group die größte Flotte weltweit auf der Straße, die „over
the air“ Update- und Upgrade-fähig ist. Mit unserem Remote Software
Upgrade sind unsere Fahrzeuge zu jeder Zeit auf dem allerneuesten
Stand – vergleichbar mit Updates, die wir von unseren Smartphones kennen.
Davon profitieren unsere Kunden: Ihr Fahrzeug ist nicht nur
stets top aktuell, es wird immer besser. Denn wir können auf jede
Zeile Programmiercode im Fahrzeug zugreifen. Unsere Kunden können
zudem neue Funktionen und Features kaufen oder abonnieren. Und durch
Highend Konnektivität wie z.B. 5G im iX werden unsere Fahrzeuge zu
einem „Smart Device“ im digitalen Eco-System der Kunden.
Standardisierung ist ein Schlüssel für die Digitalisierung von Automobilen.
Wir halten die Entwicklung von gemeinsamen, standardisierten
Basiselementen von Fahrzeug-Betriebssystemen mit anderen OEMs und
Lieferanten für sinnvoll. Dabei hat der Einsatz von Open Source
Software hohes Gewicht, damit wir in der Basis dieselbe Sprache
sprechen. So muss das Rad nur einmal erfunden werden. Wir sichern hohe
Wirtschaftlichkeit und können gleichzeitig auf bestehende digitale
Eco-Systeme zugreifen wie z.B. das Android Open Source Project von Google.
In diesem Prozess kooperieren wir mit Tech Playern wie Apple,
Amazon, Tencent, Google, Intel u.a. Gleichzeitig stehen wir mit ihnen
im Wettbewerb.
Für mich ist das weniger ein Gegeneinander von
OEMs versus Tech Giants als vielmehr Ausdruck gelebter Markt-Realität
im digitalen Zeitalter, der weiteren Fortschritt garantiert.
Meine Damen und Herren,
gerade in einem vielschichtigen Transformationsprozess sind die
Mitarbeiter ein aussagekräftiger Seismograf für die Lage eines
Unternehmens. Über 100.000 Rückmeldungen hatte unsere
Mitarbeiterbefragung im Oktober, mehr als je zuvor. Die Ergebnisse
verzeichnen in allen Kategorien im Vergleich zu den Befragungen 2017
und 2019 eine ausgesprochen positive Entwicklung. Die übergroße
Mehrheit unserer weltweiten Mannschaft blickt mit Zuversicht in die
Zukunft der BMW Group – über alle Ressorts und Hierarchie-Ebenen hinweg.
Mir zeigen dieser Spirit und Optimismus: Unsere Mannschaft
begreift die Transformation wirklich als Chance. Wir haben die
richtige Balance aus Disruption und Stabilität. Wir verbinden
konsequent Wandel und Verantwortung.
Wir finden Lösungen und sind mit hohem Tempo unterwegs. Und
dabei nehmen wir die Menschen mit. So bleibt die BMW Group langfristig
auf Erfolgskurs – profitabel, innovativ und verantwortungsvoll. Vielen Dank!
*: Verbrauchs-/Emissionsangaben:
MINI Cooper SE: Stromverbrauch in kWh/100 km kombiniert: 16,9-14,9 NEFZ, 17,6-15,2 WLTP.
BMW iX3: Stromverbrauch in kWh/100 km kombiniert: 18,9-18,5 WLTP.
CO2-Emissionen & Verbrauch.
MINI Cooper SE: Stromverbrauch in kWh/100 km kombiniert: 16,9-14,9 NEFZ, 17,6-15,2 WLTP.
BMW iX3: Stromverbrauch in kWh/100 km kombiniert: 18,9-18,5 WLTP.