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Reisen bildet: Experten-Konferenz diskutiert Lösungsansätze zur Freizeitmobilität
Wed Jan 26 12:00:00 CET 2000 Pressemeldung
Zu diesem Thema lud das BMW Institut für Mobilitätsforschung gemeinsam mit der Herbert-Quandt-Stiftung und der University of Birmingham Anfang Oktober 70 internationale Experten nach Berlin zu einer Experten-Konferenz. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse.
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Torsten Julich
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Torsten Julich
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Spontaner, kürzer, häufiger, intensiver - in der Freizeit unterwegs zu sein,
ist in den Mittelpunkt der modernen Lebensgestaltung gerückt. Dabei ist die
Freizeitmobilität eine höchst komplexe Angelegenheit, und der Freizeitverkehr
bleibt für die Wissenschaft der schwierigste Verkehrszweck. Zu diesem Thema lud
das BMW Institut für Mobilitätsforschung gemeinsam mit der
Herbert-Quandt-Stiftung und der University of Birmingham Anfang Oktober 70
internationale Experten nach Berlin zu einer Experten-Konferenz. Eine
Zusammenfassung der Ergebnisse:
Rund 180 Millionen Privatreisen wurden 1998 in Deutschland unternommen. Warum
reisen Menschen in ihrer Freizeit? Welche Motive haben sie? Manche sehen in der
Freizeit-Mobilität nur vergnügliche Ortswechsel, auf die man eigentlich auch
verzichten kann - ein Kurzschluss, wie Prof. Georg Karg von der Technischen
Universität München in Berlin feststellte. Eine neue Studie seines
Weihenstephaner Instituts zeigt, dass mehr als die Hälfte aller Bewe-gungen in
der Freizeit der Pflege sozialer Kontakte dient. Wenn Freizeit-Mobilität also
gewissermaßen der soziale Kitt der Gesellschaft ist, kann sie wohl kaum
eingeschränkt werden.
Attraktivere Massenverkehrsmittel in Ballungsräumen
In der Freizeit wird vorwiegend das Automobil genutzt. Ein Forum des Kongresses
beschäftigte sich deshalb mit der Frage, wie der stetig steigende
Individualverkehr aus Tages-, Feierabend- und Wochenend-Touren im Nahbereich
von Ballungsräumen zu bewältigen ist. Wie kann der Öffentliche
Personennahverkehr attraktiver werden - zur Entlastung des Individualverkehrs?
Prof. G. Wolfgang Heinze von der TU Berlin stellte ein Konzept vor, wie die
Massenverkehrsmittel Schnellbus und Bahn mit einer echten Flächenbedienung,
etwa durch Minivans, verknüpft werden können. Einig waren sich die Experten,
dass sich der öffentliche Nahverkehr grundsätzlich in Richtung "Pkw +
Telematik" erneuern muss, um gerade im Umfeld von Ballungsräumen mehr Menschen
zum "Umsteigen" zu bewegen.
Nachhaltigkeit in der Tourismus-Branche
Ortswechsel: Jährlich unternehmen weltweit rund 160 Millionen Menschen
Fernreisen, so Prof. Erwin Scheuch vom Kölner Institut für Sozialforschung. Die
externen Effekte des Tourismus, so etwa Bodenerosion oder Müllberge, die
mittlerweile auf den Malediven genauso zu finden sind wie im Himalaja, werden
in der Öffentlichkeit stärker als früher diskutiert. Die Reisebranche muss
deshalb eine ähnlich hohe Produktverantwortung wie die Automobilindustrie
entwickeln. Wolfgang Iwand, Umweltdirektor der TUI, warnte daher, die
weltweiten Forderungen für mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft als
"Komplexitätskosten" zu fürchten. Ressourcenschonendes, nachhaltiges
Wirtschaften muss auch die Tourismusindustrie als Chance zu eigenen innovativen
- und profitablen - Entwicklungsoptionen begreifen. Die Aussichten: im Jahr
2010 wird der Anteil des touristischen am gesamten Flugverkehr rund 74%
betragen. Der weltweite Gesamtflugverkehr soll sogar bis 2030 um 600% wachsen.
Virtuelle Urlaubsreisen?
Ein Blick in die Zukunft: Findet die Urlaubsreise von morgen in virtuellen
Räumen statt? Kann virtuelles Reisen im Cyberspace Menschen dazu bewegen, zu
Hause zu bleiben? Wohl kaum. Die Berliner Experten stellten fest, dass
Internet-Reisen in der Tat der Beginn einer neuen Freizeitdimension ist, und
dass Surfen im Netz eine globale Attraktion wird - doch den realen Urlaub am
Palmenstrand kann der Rechner in keinem Fall ersetzen.
Buchen im Netz
Was sich jetzt schon rechnet, ist das "Virtuelle Reisebüro" im Internet: buchen
der Reise, planen der Schnittstellen, reservieren der Unterkunft. Einer
Befragung zufolge sind 55 Prozent der 14-29jährigen und 37 Prozent der
Gesamtbevölkerung bereit, ihre Reise im Internet zu buchen. Immer wichtiger
wird dabei die Planung der Reise im Netz, die detaillierte Information über den
Zielort: Ausflüge, Einkaufen, Museumsbesuche, Freizeitparks. Ein
Informationsmarkt mit enormen Zuwachspotenzialen.
Freizeitverkehr, so waren sich die Experten der Berliner Konferenz einig,
bietet eine Fülle von Forschungsansätzen um das Thema Mobilität in Zukunft noch
besser zu verstehen und zu gestalten.