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„10 Fragen an …“ Christian Bauer.
Mon Feb 12 16:00:00 CET 2018 Pressemeldung
Christian Bauer leitet seit Juni 2017 den Bereich Interieurdesign bei MINI. Warum gerade Interieurdesign eine äußerst herausfordernde Disziplin ist, Automobildesign vor einem der vielleicht größten Paradigmenwechsel steht und welche Rolle MINI darin spielen wird, erläutert er in den folgenden zehn Fragen.
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Susanne Herrmann
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Christian Bauer leitet seit Juni 2017 den Bereich Interieurdesign bei MINI. Warum gerade Interieurdesign eine äußerst herausfordernde Disziplin ist, Automobildesign vor einem der vielleicht größten Paradigmenwechsel steht und welche Rolle MINI darin spielen wird, erläutert er in den folgenden zehn Fragen.
1. Warum sind Sie Automobildesigner
geworden?
Der Beruf ist für mich Berufung und zugleich
ein großes Privileg, weil wir als Designer die Welt ein bisschen
schöner machen können. Bereits als Kind habe ich zwei Dinge geliebt:
Autos und Zeichnen. Meine Matchbox-Sammlung war riesig. Auch hatte ich
das Glück, immer von echten Fahrzeugen umgeben zu sein, da mein Vater
viel an verschiedenen Modellen „schraubte“. Außerdem hat mir Zeichnen
seit jeher viel Spaß gemacht. Die Kombination aus beiden
Leidenschaften zum Beruf zu machen lag daher nahe und die Möglichkeit,
an der Hochschule in Pforzheim Transportation Design studieren zu
können, war eine tolle Basis für den Einstieg in diesen Beruf.
2. Was fasziniert Sie?
Entwicklung, Zukunft – im
Prinzip fasziniert mich alles Neue. Stillstand ist für mich schwer zu
ertragen und führt meiner Meinung nach auch langfristig zu nichts
Gutem. Weiterentwicklung ist etwas, wozu der Mensch geboren wurde – er
tut es von Kindheit an. Und welche Freude das macht, zeigen mir meine
eigenen Kinder immer wieder. Ihre Begeisterung, etwas Neues zu können
oder zu verstehen, wird ehrlich und direkt mitgeteilt. Diese Freude an
der eigenen positiven Entwicklung begeistert und fasziniert mich
gleichermaßen. Auch ich fordere mich stets selbst heraus, um
voranzukommen und Neues zu schaffen.
3. Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
Mich
inspiriert Ungewöhnliches und Ungesehenes. Wenn jemand erfolgreich
einen anderen Weg gegangen ist, führt mir das immer vor Augen, dass
wir uns manchmal zu sehr an das Bekannte halten. Neue Wege setzen oft
auch neue Standards. Es lohnt sich also, unbekannte Wege zu gehen,
auch wenn viele Hindernisse umgangen werden müssen und Mut gefordert
ist. Inspirierend finde ich auch Errungenschaften aus den
unterschiedlichsten Disziplinen – von Architektur über Biologie oder
Physik bis hin natürlich zu Design. Aktuell passiert sehr viel über
Bereichsgrenzen hinaus, was großen Einfluss auf Design haben kann. So
arbeiten Biologen mit Technikern an intelligenten Materialien. In
Zukunft können beispielsweise Oberflächen wie Leder, Textil oder Holz
mit Licht, Sound oder Bewegung kommunizieren. Funktionen und Bauteile
werden verschmelzen und damit völlig neue Möglichkeiten eröffnen.
4. Was ist für Sie gutes Design?
Für mich
bezieht sich gutes Design immer auf das Umfeld, in dem es passiert,
und dabei insbesondere auf die Person, auf die z. B. das Produkt
zugeschnitten sein soll. Die Zeit prägt Sehgewohnheiten und damit den
aktuellen Geschmack. Heute dominiert beispielsweise Klarheit das
Design, da die Welt hochkomplex geworden ist und wir überfrachtet
werden mit Eindrücken. Gutes Design muss jedoch nicht notwendigerweise
den Zeitgeschmack widerspiegeln: Es existiert auch zeitloses Design.
Alles in allem muss gutes Design meiner Meinung nach einen Mehrwert
bieten – funktional wie emotional.
5. Was begeistert Sie an Ihrer Arbeit als
Automobildesigner?
Design ist für mich deutlich mehr als
formale Ästhetik, für mich ist es die Arbeit für und mit Menschen. Das
bedeutet, dass Design immer auch einen Nutzen schafft, der den
Menschen bzw. Kunden in mindestens einem seiner Bedürfnisse trifft –
und sei dies „nur“ im Wohlbefinden. Kurz: Design macht das Leben
besser. Daran aktiv teilzuhaben macht mich stolz.
Auch begeistert
mich der Aspekt der Voraussicht, d. h. zu durchdringen, welche
Bedürfnisse der Mensch in Zukunft entwickeln wird und wie wir diese
bedienen können. Durch diese Vordenkerrolle kann Design der Treiber
für technologische Innovationen sein und sogar Entwickler inspirieren.
Das macht meinen Beruf sehr spannend und reizvoll.
6. Bei Automobildesign denken viele zunächst an das
Exterieurdesign – warum nicht an das Interieur?
Der
erste Kontakt mit einem Fahrzeug geschieht über das Exterieur. Das ist
das, was man zuerst sieht und woraus direkte Emotionen entstehen.
Durch die Formgestaltung des Exterieurs werden dem Fahrzeug Attribute
wie bspw. Kraft, Geschwindigkeit oder Agilität – in Summe ein eigener
Charakter – zugewiesen. Und nicht selten wird das Produkt auch zum
Statement, es repräsentiert den Status und Charakter des Fahrers. Das
Exterieurdesign ist extrem wichtig. Was aber den Kunden auf lange
Sicht hält – das wissen wir aus vielen Studien – ist das Interieur.
7. Worin liegt die Besonderheit des
Interieurdesigns?
Die eigentliche Feuerprobe durch die
Kunden wartet im Interieur – und diese ist deutlich schwieriger zu
bestehen. Wenn man sich im Fahrzeug nicht wohlfühlt, die Bedienung
nicht versteht, die Materialien nicht mag oder die Verarbeitung
miserabel findet, dann kauft man diese Marke mit großer
Wahrscheinlichkeit kein zweites Mal. Als Interieurdesigner muss man
sich in zahlreichen Disziplinen zurechtfinden. Notwendig sind
Grundkenntnisse in Ergonomie, menschlichem Verhalten, Akustik,
Bedienlogik und noch vielem mehr. Der Mensch darf beispielsweise in
seiner Bewegung nicht eingeschränkt sein, muss gleichzeitig jedoch
geführt und gehalten werden. Es darf ihn nichts blenden, und doch muss
alles gut erkennbar sein. Und das alles nicht nur in einer Position,
sondern in dem Kreislauf von verschiedensten Bewegungs- und
Nutzungsszenarien – über die Konfiguration am Handy, den Einstieg, das
Fahren selbst bis hin zum Ausstieg. Und alles natürlich unkompliziert
und intuitiv bedienbar. Das i-Tüpfelchen ist dann das Design der
Flächen, die Stimmigkeit der Bauteile zueinander, das Wirken des
gesamten Innenraums. Dazu muss man wissen, dass wir in einem ziemlich
engen Korsett aus technischen Randbedingungen stecken, wie
Steifigkeit, Crashverhalten, Schallisolierung, Kabelbäume oder
Materialwandstärken. Diese gilt es so zu beeinflussen, dass mehr Platz
und Freiheit für das Designthema zur Verfügung steht. Und sie können
sicher sein, dass immer irgendetwas im Weg ist. Somit ist es eine
Herausforderung, eine Linie oder Fläche so sauber durchzuziehen, dass
sie nicht wie eine Verkleidung der technischen Randbedingungen
wirkt.
Für uns Interieurdesigner liegt hier die Kunst:
Begeisterung zu wecken und Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, mit all
diesen komplexen Vorgaben.
Das Gefühl, wenn dann der Vorstand mit
Begeisterung das Serieninterieur bestätigt, ist unbeschreiblich und
eine echte Belohnung für den Einsatz.
8. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigen Themen der Zukunft
für MINI, und welche Rolle spielt das Interieurdesign
dabei?
Aktuell ist vieles in der automobilen Welt in
Bewegung. Im komplexen Umfeld von Digitalisierung, autonomem Fahren
und natürlich auch Elektromobilität wollen wir für kleinere Fahrzeuge
im Premiumsegment ein sinnvolles wie emotionales Angebot bieten.
Diesen sogenannten Schritt in die neue Welt möchten wir bei MINI aktiv
treiben. Das Interieurdesign spielt im Rahmen dieser Entwicklungen
eine absolut zentrale Rolle. Ein angenehmes, flexibles Umfeld, während
man von A nach B fährt, wird immer wichtiger. Das autonome Fahren wird
den Fahrzeuginnenraum verändern. Neben dem Zuhause wird für viele
Menschen das Fahrzeug zu einem zweiten Lebensraum werden. Wir werden
wohl auch in Zukunft viel Zeit im Fahrzeug verbringen – vielleicht
noch mehr als heute –, doch werden wir dort zunehmend andere Dinge tun
können. Lesen, schlafen, online einkaufen oder mit den Kindern spielen
– alles scheint möglich. Der Innenraum muss daher neue
Nutzungsbedingungen berücksichtigen. Und als Interieurdesigner ist es
uns möglich, vollkommen neue Welten und Erlebnisse gestalten und eine
neue Ebene von Lebensqualität bieten zu können. Ich sehe hierin den
womöglich größten Paradigmenwechsel im Automobilbau.
9. Wie wird das bei MINI konkret aussehen?
MINI
steht für maximales Erlebnis auf minimaler Verkehrsfläche. Durch die
technischen Anforderungen der Elektromobilität müssen Bauräume und
Aufteilungen neu gedacht werden. Dies bietet für MINI ein enormes
Potenzial. Auch die Interaktion mit dem Fahrzeug wird zunehmend
wichtiger. Der Kunde wird sich im MINI auch zukünftig sofort intuitiv
zurechtfinden. MINI wird zeigen, dass Interaktion weder langweilig
oder technisch aussehen noch kompliziert bedienbar sein muss. Wichtig
ist, dass jeder, der in einen MINI einsteigt, sich auch in Zukunft
wohlfühlen wird. Am besten möchte er gar nicht mehr aussteigen.
10. Wie sieht für Sie das perfekte Interieur der Zukunft
aus?
Ich glaube und hoffe, dass es „das“ perfekte
Interieur nicht gibt, da wir sonst arbeitslos wären. Sicherlich wird
es einen viel höheren Grad an Flexibilität und Verschmelzung aller
betroffenen Bereiche wie Material, Anzeige, Bewegung, Sound, Duft und
Bedienung geben. Ich freue mich auf die bevorstehende Zeit und hoffe,
dass diese Designern wie Ingenieuren Freiheiten ermöglicht, um etwas
vollkommen Neues zu entwickeln.
Vielen Dank!
Vita:
Christian Bauer leitet seit Juni 2017 den Bereich
Interieur Design bei MINI. Vor seinem Wechsel zu MINI verantwortete
der 43-Jährige das Interieur und Detail Design bei BMW i. Zuvor war er
als Teamleiter sowie als kommissarischer Gesamtleiter im Bereich BMW
Interieur Design und Detail tätig.